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75 Jahre Grundgesetz:

Wie dieses Jubiläum in Verden gefeiert wurde


WeserKurier Anne LEIPOLD - 26.05.2024, 13:01 Uhr - Veranstaltung in Verden

75 Jahre Grundgesetz: Wie dieses Jubiläum in Verden gefeiert wurde

Verden. Drei bunte Holzperlen und sieben Grundrechte. Es ist keine leichte Entscheidung. Meinungsvielfalt, Respekt, Glaubensfreiheit, Frieden und Gerechtigkeit, Schutz der Lebensgrundlagen, Minderheitenrechte, Gleichberechtigung. Uta von Salzen überlegt und ihre drei Perlen fallen mit einem hellen Klang in drei der sieben Gläser: Respekt, Minderheitenrechte, Meinungsfreiheit. „Respekt ist die Grundvoraussetzung. Das Grundgesetz sagt, alle Menschen sind gleich, dazu gehören die Minderheitenrechte und die Meinungsfreiheit. Denn seine Meinung kann man in unserer Demokratie frei sagen“, betonte die Besucherin der Feier zum 75-jährigen Bestehen des Grundgesetzes im Rathaus Verden. Ein sehr informatives Programm hat der Verein Dokumentationszentrum Verden im 20. Jahrhundert (Doz20) unter dem Titel „Sternstunde unserer Demokratie“ organisiert. Zahlreiche Organisationen hatten die Möglichkeit, sich vorzustellen und zugleich aufzuzeigen, wie wertvoll und schützenswert das Grundgesetz gerade in der heutigen Zeit ist. „Es ist in diesen Zeiten wichtig, Flagge zu zeigen, die Mehrheit hier ist für die Demokratie. Es ist Zeit, dafür aufzustehen“, sagt von Salzen. „Das Grundgesetz ist das Fundament, auf dem die Bundesrepublik und die Demokratie aufgebaut sind. Das gilt es zu schützen.“
Die „Omas gegen Rechts“ wollten mit diesem Angebot die Menschen zum Nachdenken bringen. „Es prägt sich ein, welche Werte und Freiheiten wir haben“, sagt Karin Zieher. „In kurzer Zeit ist etwas so Wunderbares geschaffen worden“, sagt Ute Grafe über das Grundgesetz. „Wir müssen es mit Leben füllen.“ Auch Iris Uelzen von Amnesty International ließ die Interessierten an ihrem Stand drei Grundrechte wählen. Menschenwürde, Meinungs- und Pressefreiheit und Gleichheit waren den Abstimmenden am wichtigsten. „In vielen anderen Ländern werden die Menschenrechte nicht beachtet.“ Deshalb übt die Organisation mit Mail- und Briefaktionen Druck auf Regierungen aus, um Freilassungen von Gefangenen zu erwirken, die etwa im Iran wegen friedlichen Protests oder in Russland wegen einer Anti-Kriegsaktion inhaftiert wurden.
„Unsere Existenz ist im Grundgesetz geregelt“, erklärte DGB-Gewerkschaftssekretärin Daniela Teppich. „Es ist eine gesellschaftliche Vision, die aufgeschrieben worden ist.“ Gemeinsam mit Jutta Liebetruth, die im Deutschen Gewerkschaftsbund die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft vertritt, kommen sie mit den Besuchenden über Tarifverträge und deren Bedeutung ins Gespräch. Denn so wie die Demokratie brauche es auch für die Arbeitnehmerrechte viel Engagement.
Ein für 1949 visionäres Grundrecht war Artikel 3, der auf das Bestreben von Friederike Nadig, Elisabeth Selbert, Helene Weber und Helene Wessel aufgenommen wurde: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Wie weit her es mit dieser Gleichberechtigung ist, zeigte ein Zeitstrahl der Gleichstellungsbeauftragten im Landkreis Verden. Erst 1977 wird das Ehe- und Familienrecht reformiert, mit der die gesetzlich vorgeschriebene Aufgabenteilung in der Ehe aufgehoben wird. Erst seit 1997 ist die Vergewaltigung in der Ehe strafbar. „Die meisten sind erstaunt, wie spät Frauenrechte durchgesetzt wurden“, sagte Kerstin Blome, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Verden. Und noch immer gebe es Aufholbedarf hinsichtlich Rente, Lohn, Teilhabe, Rollenbilder, Gender-Medizin und beim Thema Gewalt gegen Frauen. „Wir haben unser Programm ,Chancen‘ genannt, denn alle sollen die gleichen Chancen haben für ein selbstbestimmtes Leben“, ergänzte Karina Matos Appolt, Gleichstellungsbeauftragte in Langwedel.
Seine Chancen wusste Ahmad Bilani zu nutzen. Der 26-Jährige kam 2015 nach Deutschland. Seitdem hat er die Sprache gelernt, nach dem Integrationskurs den Realschulabschluss gemacht, gearbeitet und ist nun im zweiten Ausbildungsjahr zum Elektroniker. „Ich habe mein ganzes Leben als Flüchtling gelebt.“
Er wurde als Palästinenser in Syrien geboren und weiß um die Bedeutung von Demokratie. „Wir sind die Zukunft des Landes, wir müssen alle zusammenhalten“, sagte er im Gespräch mit Hans-Jürgen Lange im Ratssaal. „Würde heißt für mich, dass alle gleichbehandelt werden und gleich sind, sich gegenseitig zu respektieren und zu akzeptieren.“

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